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Ew. Hochwürden
Sehr verehrter Pater Leiber!

Wie ich Ihnen schon das letztemal geschrieben habe sind hier in Brasilien absolut die Möglichkeiten für eine grosszügige Einwanderung und landwirtschaftliche Siedlung gegeben.Die Voraussetzungen für eine Durchführung und ein Gelingen sind erstens die psychologische Vorbereitung und richtige Einstellung der Flüchtlinge, dass sie sich weder erwarten in ein Paradies zu kommen,wo man in 2 Jahren ein Millionär wird,noch dass sie glauben,dass sie sich hier benehmen können wie sie wollen und dass alles erlaubt ist.Zweitens,dass eine Möglichkeit gefunden wird die ganze Sache ausreichend zu finanzieren,was wohl nur von U.S.A.aus geschehen könnte.Dafür könnte eine Hilfsstellung des Kardinals Spellmann´s im gegebenen Zeitpunkt von grossem Wert sein,falls man einmal in U.S.A.hierüber verhandeln müsste.-Drittens dass die ganze Angelegenheit gründlichst und gewissenhaft vorbereitet und praktisch organisiert wird.
Das Letztere kann aber nicht nur von Deutschland aus geschehen,sondern es kommt sehr viel darauf an hier im Land einen Mann zu finden,der die Verhältnisse gut kennt,der die Sprache spricht und der das nötige Prestige hat,bei allen einschlägigen Behörden.Wenn es so weit kommt,dass man zu arbeiten beginnen kann,müssen wir hier in Brasilien eine kleine Organisation von uns aus aufziehen und da brauchen wir dann einen solchen Mann als Mitarbeiter.Nachdem ich mich überall informiert habe,wer dafür zu brauchen wäre und nach Rücksprache mit dem P.Provinzial Arntzen in Porto Alegre und vielen anderen gut eingestellten Persönlichkeiten,habe ich den Pater Pauquet in Porto Alegre,Spiritual des dortigen Jesuitengymnasiums kennen gelernt.Nach allem,was ich bisher sagen kann scheint er mir der geeignete Mann dafür zu sein.-
Nun hätte ich die grosse Bitte,dass Ew. Hochwürden mit dem H.H.Pater General sprechen,ob er uns im gegebenen Fall für diese Arbeit freigegeben werden könnte,falls die ganze Sache zustande kommt.Ausserdem fährt P.Pauquet mit einigen Schülern zum Anno Santo und wird Sie bei dieser Gelegenheit auch aufsuchen.Es wäre von grössten Wert,wenn er bei dieser Gelegenheit auch auf mehrere Tage zu uns nach München kommen könnte um sich die dortigen Flüchtlingsverhältnisse an Ort und Stelle anzusehen und um mit den zuständigen Persönlichkeiten selber sprechen könnte.Voraussichtlich kommt er sowieso auf 1-2 Tage nach Pullach,aber in dieser kurzen Zeit wird es kaum möglich sein die Ge Leute alle zusammenzubringen,die er sehen sollte und ihm alles notwendige zu zeigen.Ausserdem werde ich wohl selber bisdahin noch nicht zurücksein können.Deshalb habe ich ihn gebeten,dass er,wenn seine Schüler aus Lissabon abreisen,zurück hierher, nicht mitfährt,sondern dann im August auf mehrere Tage zu uns kommt. Er wäre gerne dazu bereit hat mir aber gesagt,dass dazu die Erlaubniss vom H.H.Pater General notwendig wäre.Könnten Sie darüber sprechen?Wenn ich nach Rom komme,werde ich dort selbst einen Besuch machen.-
Das Land hier gefällt mir sehr gut,es giebt noch grosse Möglichkeiten und vorallem sind die Leute im Allgemeinen gutmütig und freundlich.- Was allerdings die gesellschaftlichen,politischen und religiösen Verhältnisse anbetrifft kann man seinen blauen Wunder erleben!!!Die Sitten,die Auffassungen,die Art der Religiösität,die Einstellung und das Benehmen der Geistlichen bis ganz oben hinauf sowie die Art und Methoden der politischen Einflüsse ist sind nicht nur erstaunlich sondern doch wert,dass man sich etwas eingehender damit befasst.Es kommt in de r nächsten Zeit ein ganz hervorragender Mann mit einigen Gleichgesinnten zu Ihnen um darüber Bericht zu erstatten.Bitte nehmen Sie sich Zeit sich von ihm berichten zu lassen und sorgen Sie dafür,dass er,trotz Anno Santo zum hl.Vater kommt,es steht dafür.Es ist der Dr.Plinio Correa de Oliveira aus S.Paulo,der im Land die besten Verbindungen hat.-Von hier aus fahre ich über Peru,Chile,Argentinien,Uruquay nach Hause.Mit der Bitte mich Seiner Heiligkeit zu Füssen zu legen bin ich mit den besten Grüssen
~~Ew. Hochwürden sehr ergebener Prinz Albrecht v Bayern~~